Out of the box. Liebeskind Tasche

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An dieser (scheußlich) schönen Tasche bin ich mehrfach über Monate vorbei gelaufen. Jetzt war sie dramatisch herunter gesetzt und ich, als Antitaschenträger, stand in dem Laden und fasste den Entschluss sie zu kaufen (Also ganz ehrlich: die wollten 230€ für dieses Teil. Verrückt. Für 39€ geht dann schon mal so ein Selbstexperiment). Schon an der Kasse hätte ich beinah einen Rückzieher gemacht. Innerlich ploppte ein Fenster nach dem anderen auf. Mir war völlig klar was meine Familie dazu sagen würde (selbst was meine Eltern dazu sagen würden schallerte in meinen Ohren). Ob andere Leute meine Sachen schön finden ist mir meistens ziemlich egal. Das geht mir mit meinem Mann schon anders. Da muss ich mir überaus sicher sein dass ich etwas gut finde um mich nicht ins Wanken zu kommen wenn er sagt er fände es furchtbar. Schwieriger wird es bei Dingen die ich cool finde aber genau weiß dass sie „nicht zu mir passen“. Da komm ich schnell ins Zweifeln wenn mein Mann etwas schlimm findet, schon bevor er es ausgesprochen hat, denn ihm möchte ich schon gefallen. Bei dieser Tasche war die Reaktion klar: „die ist so scheußlich, die kannst du gleich wegschmeißen. Die Verkäuferin lacht immer noch dass sie eine Doofe gefunden hat die dieses grausige Ding gekauft hat“. Dieses mal war ich wild entschlossen das auszuhalten.

Was passt denn zu uns? Zunächst prägt dieses Empfinden unsere Eltern die uns vermitteln was Schön ist, was nicht und was uns steht. Später definieren wir das langsam selber. Die einen mehr, die anderen weniger. Viel bleiben im Dresscode ihres Contextes. Irgendwie sehen dann doch alle innerhalb ihres Umfeldes gleich aus. Es tut gut wenn da mal jemand anders ist, egal ob mir das dann gefällt oder nicht. Ich bin groß geworden in einer Familie wo Ästhetik eine enorme Rolle gespielt hat. Vieles geht und ging gar nicht, war total ausgeklammert und verpönt. Ästethik bis zur Selbstverstümmelung -und das ist leider nicht nur ein Spruch.

Bei dieser Tasche liefen viele Dinge innerlich ab. Spannend das bewusst zu beobachten. Wahre Entwicklung geschieht dann wenn wir unsere Komfortzonen verlassen.

Das englische Wort Out-of-the bos-thinking hat es längst ins Deutsche geschafft; man hört es oft, dass es darum geht Out-of-the-box zu denken. Es ist ein geflügelter Begriff für kreatives, ungewöhnliches Denken, das Verlassen von Begrenzungen im Denken und das Hinterfragen von Annahmen.

Es ist eine Sache im Außen Dinge zu hinterfragen, vor allem an anderen, quer zu denken, etwas anders zu betrachten. Innerlich aus der eigenen Box zu steigen ist eine ganz andere Sache. Doch genau das ist es was uns so sehr voran bringt. In dem Maß wie wir innerlich beweglich sind, uns wahrlich neu erfinden können, uns frei machen von Selbstannahmen, in dem Maß können wir das auch mit unseren Mitmenschen, unserer Umgebung unserem Wirken. Sich innerhalb dessen zu bewegen was uns vertraut ist, damit zu hantieren gibt uns Sicherheit, ist unsere Handschrift und nicht zuletzt auch Know how. Bequem ist es allemal. Wirklich überraschen können wir damit aber irgendwann weder uns selbst noch anderer.

Ich habe viel Vergnügen am „Schweppesgesicht“  (Danke Eva für dieses schöne Wort in diesem Zusammenhang) von meiner Familie und meinen Freunden. Allerdings bleibt auch da eine Entwicklung nicht aus und geht oft schneller als man denkt. Inzwischen hat mein Mann Freude an den (psychedelischen) Farben, den Paradigmenwechseln. Beruflich ist out-of-the-box sein Terrain. Privat ist er doch oft überraschend konservativ und wir trainieren neue Muskeln und es ist überaus vergnüglich!