Wenn ich mich so umkucke und höre dann ist Weihnachten wie aus dem Bilderbuch. Gut, vorher sind alle wochenlang gestresst bis fast zur letzen Minute aber dann… dann glänzt das Haus, die Frisur sitzt und alles ist im Harmoniemodus. Vielleicht wenigstens für die Fotos. Und wie so gerne erlebe ich die Zeit anders und wundere mich über das gelegentliche „Knirschen“ beim Betrachten der gezeigten Bilderbuchromantik an Dekoration und vollkommenem Zuhause und dem Zuhören der Berichte.
Bei uns waren die letzten Tage vor den Ferien schleppend. Die Kinder wollten nicht mehr zur Schule; zu laut dort, zu blöd, keine Lust. Jona weinte am Donnerstagmorgen, man sah die Nerven liegen blank. Ab Mittags, nach dem gemeinsamen Essen, verzogen sich die Kinder und wollten nur noch ihre Ruhe haben. Unterbrochen wurde das von der Frage: was gibt es denn zu Essen? Der Hauself war wohl Einkaufen gegangen und hat jedem das gemacht was ihm schmeckt, egal auch wenn das Abends dann drei verschiedene Sachen sind, für die Moral wirds gemacht. Sind Hauselfen eigentlich mal müde?
Anfang der Woche kaufte ich einen Christbaum. Mir ist es schon seit Jahren arg, dass ein Baum gefällt wird. Gleichzeitig erinnere ich mich genau wie schlimm es für mich war als meine Eltern, als ich etwa 19 Jahre alt war, den Weihnachtsbaum abgeschafft haben. Wir besprechen das in jedem Jahr neu und in diesem Jahr habe ich mich erstmals durchgesetzt und ein kleines Bäumchen gekauft. Weil die Kinder „Blingbling“ lieben bin ich extra noch einmal in die Stadt um silbere Anhänger zu besorgen. Ich finde er sieht sehr hübsch aus auf dem alten Tisch, hineingestellt in einen Weidenkorb. Mein Mann sagte: oh, sooo klein. Das waren damals die Leute die so einen kleinen Baum hatten die ich total bedauert habe. Meine Tochter: naja, er ist hübsch. Aber halt klein. Mein Sohn: So klein, ist ja voll blöd.
Am letzten Schultag stiegt meine Tochter ins Auto ein und schimpfte ohne Luft holen über fast alles bis sie daheim ankam um dann noch grantiger zu werden als sie sah dass ich schon die Geschenke unter den Baum gelegt hatte. Das hatte ich auf einem der stilvollen Weihnachtsbaumblogbilder gesehen und dachte ich versuch es für meine Leute auch so schön zu arrangieren. Klappt schon nicht so gut wie auf den Blogvorbildern weil die geschickten Geschenke der Familie nicht im selbigen Papier eingepackt waren wie die Übrigen. Blöd auch, dass schon mein Sohn vorher, er kam eine Schulstunde früher heim, seinen Unmut unverblümt äußerte: du machst alle Rituale kaputt!
Ja was soll ich sagen? Wer nichts macht kann auch nichts falsch machen! Im „Nichtsmachen“ sind größer werdende Kinder ja oft sehr gut. Höre ich auch von anderen Eltern. Meine Laune war am Tiefpunkt und Lust auf Weihnachten hatte ich nicht mehr. Alle wollen immer viel….. wie viele sind denn gewillt auch was zu tun und zu geben? Zu versuchen es aus ganzem Herzen gut zu machen? Auch wenn es nicht oft gelingt dass es gut für alle gut ist. Dieser Gedanke kommt mir nicht nur zu Weihnachten. Ich kenne mehr Menschen die immerzu was für sich wollen und im nehmen Spitze sind während die Zeit und die Kraft zum Geben leider immer zu knapp ist. Aus ganzem Herzen sich um etwas bemühen (außer um die eigenen Interessen und selbst da wird es mit dem aus ganzen Herzen schon schwierig) tut selten jemand. Kritik an nahezu allem was einem so unter kommt kann man überall hören und lesen. Da sind alle super drin! Konkrete Vorschläge etwas besser zu machen und das MACHEN selbst, da wirds dann wieder schnell recht dünn. Viel Zeit wird in endlosen Erklärungen, Bekundungen, Belehrungen und Entrüstung versenkt.
Schon in den vergangenen Jahren fand ich Weihnachten stets anspruchsvoll. Ich mag die Vorweihnachtszeit immer gerne. Heute erinnere ich mich daran wie meine Tochter einen Tobsuchtsanfall bekam, an Heiligabend, weil das Christkind nicht genau das Laufrad brachte wie das von der Freundin getestete und 3 Stunden lang für eine Krise sorgte. Da war ich kurz davor den Baum aus dem Fenster zu schmeißen und das Haus zu verlassen. Natürlich habe ich nichts dergleichen getan!
Ab etwa 16h wurde es gestern dann ruhiger und auch wieder etwas entspannter. Jona und ich sind in Ismaning später zum „lebendigen Adventskalender“ gegangen. Jeden Tag im Dezember wird eine andere Familie Gastgeber und empfängt, immer zur selben Zeit, die Gäste vor dem Haus die kommen wollen. Es wird gemeinsam gesungen, der Gastgeber liest einen Text, es gibt Plätzchen Punsch und hinterher noch einen vorweihnachtlichen Ratsch. Es ist immer besonders wenn fremde Menschen sich an die Hand nehmen und etwas gemeinsam tun. Friedlich, in diesem Moment ganz einig.
Mein Fazit ist auch in diesem Jahr: die Erwartungen und die innere Anspannung steigert sich derartig über den Advent, die Lebensgeschwindigkeit in der Gesellschaft nimmt Fahrt auf, dabei halten wir die Füße sehr still mit dem Chichigedönsm, dass diese Emotionen sich vorher, oder zu Heiligabend Luft machen. Die Werbungen, der Schmuck, die weihnachtlichen Vorzeigemotive überall steigern die Erwartung und die Ansprüche mit. All die wunderbaren Erzählungen wie schön und friedlich, wie dankbar und nett die Kinder an Weihnachten waren und sind machen mich skeptisch. Sind die Kinder wirklich alle so brav oder wissen sie nur wo die Grenzen ihrer Eltern sind und welches Benehmen sie sich nicht zu leisten brauchen. Ich hätte mir nicht die kleinste Unmutsbekundung in Nähe meiner Eltern getraut. Mann, das hätte Ärger gegeben -und Folgen gehabt! Das heißt aber nicht dass ich diese Gefühle nicht hatte.
Wie dem auch sei, manchmal wünsche ich mir eine halbe Sekunde lang dass auch meine Kinder sich wenigstens so viel vor mir fürchten dass sie sich mal ein bisschen zurück nehmen in ihrem authentischen Benehmen und mir ein bisschen Frieden lassen und mich nicht immerzu fordern Hingabe auch inhaltlich zu erfüllen.
Und falls einer jetzt denkt meine Kinder sind aber kratzbürstige, verwöhnte Stoffel… ja, das sind sie wohl auch, neben dem dass sie absolut wundervoll sind so wie sie sind!
Ich wünsche Euch ein gesegnetes Fest! Mögen die ungnädigen Gefühle bereits verflogen sein, ebenso wie die Anspannung der letzten Wochen.
Mögen wir, nicht nur heute Abend, begreifen dass es nichts Schöneres gibt als gesund und munter, schlecht oder gut gelaunt, zufrieden oder knatschig einander zu haben!
Und ja, brave Leute zu lieben ist höchst einfach. Den Anderen zu lieben wenn er sich am blödesten benimmt, das ist groß, schön, erstrebenswert und schwierig. Auch das meint Weihnachten.